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Außerordentliche Kündigung bei BYOD – bring your own device – möglich?

Das BAG hat durch Urteil vom 24. März 2011 (2 AZR 282/10) entschieden, dass außerordentliche Kündigungen wegen Speicherung privater Dateien auf einen Firmenlaptop sowie wegen Durchführung von backups auf einer privaten Festplatte unzulässig sind.

Einer Kündigung aus diesen Gründen hat eine Abmahnung vorher zugehen.

Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten, einem Unternehmen für Vertriebs- und Servicedienstleistungen, seit dem 2. November 1999 als “Leiter IT/TK Department” beschäftigt. Er war zuständig für die Betreuung der Hard- und Software. In § 8 Abs. 9 des Arbeitsvertrags ist geregelt, dass eine “Geheimhaltungs- und Verpflichtungserklärung” sowie “Regeln über die Anwendung von Computerprogrammen” Bestandteile des Vertrags sind. In der “Geheimhaltungs- und Verpflichtungserklärung” vom 27. Oktober 1999 sagte der Kläger Verschwiegenheit hinsichtlich aller dienstlichen Angelegenheiten zu. Nach Ziff. 6 der “Regeln für die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien” vom 27. Oktober 1999 ist es den Mitarbeitern nicht erlaubt, persönliche Software von zu Hause mitzubringen und auf den Computern des Unternehmens zu nutzen. Ebensowenig dürfen Programme des Unternehmens mit nach Hause genommen und auf einem eigenen Computer benutzt werden. Auf die Notwendigkeit der Einhaltung der zur Computersicherheit geltenden Regelungen hatte der Kläger als Leiter der IT-Abteilung die Mitarbeiter unter Hinweis auf arbeitsrechtliche Konsequenzen bei einer Zuwiderhandlung mehrfach hingewiesen.

Im Jahr 2008 stellte die Beklagte fest, dass sich der Kläger seit Mai 2007 nicht mehr in ihrem Netzwerk angemeldet habe. Eine Anmeldung ist erforderlich, um auf dem firmeneigenen Laptop gespeicherte Daten auf dem zentralen Server des Netzwerks abzuspeichern und zu hinterlegen. Nur auf die dort in digitalisierter Form hinterlegten Arbeitsergebnisse ist ein direkter Zugriff der Beklagten möglich. Am 25. August 2008 sprach der Personalleiter der Beklagten den Kläger auf diesen Umstand an. Der Kläger bestätigte, dass er die Daten auf einer privaten Festplatte sichere und abspeichere. Daraufhin stellte die Beklagte ihn von seiner Arbeitsleistung frei.

Am 27. August 2008 untersuchte die Beklagte den firmeneigenen Laptop des Klägers und seine private Festplatte. Auf der Festplatte waren auch Dateien der Beklagten gespeichert. Auf dem Laptop befanden sich neben einer Vielzahl von Unternehmensdaten, Passwörtern und Zugriffsdaten für den Server der Beklagten, Angeboten an Kunden, Mitarbeiterbeurteilungen, Bewerbungsunterlagen und Kostenaufstellungen auch private Dateien, bestehend aus Videos, Bildern und MP-3-Dateien. Die gesamten Daten waren unverschlüsselt abgespeichert.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht hat der Klage auf Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung stattgegeben. Auch das Revisionsgericht vertritt dieses Urteil.

Nach Auffassung der Gerichte fehlte es an einem wichtigen Grund iSv § 626 Abs. 1 BGB.
Ein solcher liegt nur dann vor, wenn eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses auf Grund einer zu schweren Pflichtverletzung einer der Vertragsparteien unzumutbar wäre oder eine Verhaltensänderung einer Vertragspartei auch in Zukunft nicht zu erwarten wäre.

Durch die Speicherung privater Dateien auf dem Firmen-Laptop sehen die Gerichte keinen solchen Grund, da eine konkrete Beeinträchtigung der Funktionen des Laptops oder des Netzwerkes nicht festzustellen war. Weiterhin hatte der Kläger auch kein strafrechtlich relevantes oder sonst anrüchiges Material auf dem Laptop gespeichert. Eine Abmahnung war hier in sofern nicht entbehrlich, als dass sie eine Veränderung des Verhaltens des Klägers erwarten ließe.

Auch die besondere Stellung des Klägers – Leiter der IT- Abteilung – rechtfertige eine andere Beurteilung nicht. Zwar war der Kläger sich über die Gefahren eines Regelverstoßes für die Sicherheit und Funktion der IT-Systeme bewusst, jedoch müsse trotzdem eine erste Androhung von möglichen Folgen erfolgen.

Der umgekehrte Fall, also die Speicherung unternehmensbezogener Dateien auf einer privaten Festplatte führe ebenso nicht unmittelbar zur Entbehrlichkeit einer Abmahnung. Innerhalb der Pflicht auf Rücksichtsnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB kommt es darauf an, ob und in wie weit der Kläger durch sein Verhalten eine Unterdrückung oder Vorenthaltung von Arbeitsergebnissen bezweckt hat.
Eine Urheberrechtsverletzung war nicht dargetan.

Ein Verstoß der Obhutspflicht könnte allenfalls in einem leichtfertigen Umgang mit den Dateien zu sehen sein, was hier ebenfalls nicht dargetan wurde.

Auch ein Verstoß gegen Ziff. 6 Abs. 2 der betrieblichen “Regeln über die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien” lag nicht vor. Danach war es lediglich untersagt, Programme des Unternehmens mit nach Hause zu nehmen und auf einem eigenen Computer zu nutzen.

Fazit

Grundsätzlich besteht zunächst die Pflicht einer Abmahnung, da regelmäßig bereits hier eine Vermeidung künftiger Störungen zu erwarten ist.
Ausdrückliche Weisungen und Anordnungen an Angestellte im Vorfeld erleichtern jedoch größtenteils Fragen der Beweislast im Streitfall. Je eindeutiger und unmissverständlicher Arbeitsverfügungen gemacht werden, desto unproblematischer wird die Kündigung bzw. gerechtfertigte Kritik bei Zuwiderhandlungen. Gerade der Bereich des BYOD bedarf einer Regelung, die möglichst viele Konstellationen und Sachverhalte erfasst.

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