Die einschlägigen Foren sind voll von Betroffenen. 10.000 sollen eine Abmahnung der Kanzlei U+C Rechtsanwälte Urmann+Collegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus Hamburg erhalten haben und stehen vor den Fragen:
zahlen oder nicht zahlen?
Unterlassungserklärung abgeben oder nicht?
Gegenstand der Abmahnung ist eine behauptete Urheberrechtsverletzung zum Nachteil der “The Archive AG”. Es soll über das Portal Redtube.com urheberrechtlich geschütztes Material gestreamt worden sein.
Dass das Anbieten von urheberrechtlich geschütztem Material in Form von Streaming unzulässig ist, hatte bereits das LG Hamburg mit Urteil vom 21.02.2007 – 308 O 791/06 festgestellt. Dort ging es um die Bereitstellung von Musik.
Wie steht es jedoch mit der Haftung der Nutzer von Streaming-Angeboten, die nunmehr abgemahnt wurden?
Dreh- und Angelpunkt ist hier die Bewertung der Handlung als Vervielfältigung im Sinne von §§ 15 Abs.1 Nr. 1, 16 UrhG.
Sollten die Nutzer die Streaming-Angebote mithilfe von Software “mitgeschnitten” haben, so stellte bereits das LG Berlin (16 O 494/09) dazu im Januar 2011 fest, dass der Nutzer des Dienstes (Anmerkung: flatster) (…) als Hersteller der Kopien anzusehen ist, wie sich aus den Gründen des Urteils des BGH vom 22.4.2009, GRUR 2009, 854 – Internet-Videorekorder, ergibt.
Gerichtlich nicht geklärt ist hingegen die Frage, ob das bloße Streaming bereits eine Vervielfältigungshandlung darstellt und ob es sich hierbei um eine Urheberrechtsverletzung handelt. Ungeachtet der Frage, ob nach § 16 UrhG eine sog. “körperliche Fixierung” stattfinden muss und ob die Zwischenspeicherung eine solche darstellt oder ob der Gedanke des § 69 c Nr. 1 UrhG übertragbar ist, der beinhaltet, dass auch die kurzfristige Übernahme in den Arbeitsspeicher eine rechtlich relevante Vervielfältigungshandlung darstellt, stellt doch § 44 a UrhG meines Erachtens im Ergebnis fest, dass vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, welche flüchtig oder begleitend sind, als Vervielfältigungshandlung zulässig sind.
Dass es einer unterschiedlichen Beurteilung beim Streaming bedarf, hat auch die GEMA festgestellt und unterscheidet zumindest bei den Vergütungstarifen für Musik zwischen on-demand Angeboten mit (VR-OD 2) und ohne Download (VR-OD 3). Diese betreffen natürlich nur den Anbieter – nicht den Nutzer.
TIPP
Sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich ist eine Ahndung der Nutzer von Streaming-Angeboten keinesfalls glasklar. Hier stellt sich zusätzlich die Frage, wie es sich auswirkt, dass die der Abmahnung zugrunde liegenden Beschlüsse womöglich fehlerhaft ergangen sind. Die pauschalierte Summe in Höhe von 250 EUR lädt vielleicht zum “klein beigeben” ein, fördert aber ein weiteres Abmahngeschäft. Der Gang zu einem spezialisiertem Rechtsanwalt im Falle einer Abmahnung dürfte sich also lohnen.
“Der Gang zu einem spezialisiertem Rechtsanwalt im Falle einer Abmahnung dürfte sich also lohnen.”
Für den Anwalt lohnt es sich in jedem Fall ….
Das ist natürlich richtig, dass die Anwälte, die die Abgemahnten vertreten daran auch auf anderer Seite verdienen. Allerdings sind die Kosten meist weitaus geringer.
Ich halte das aber auch nicht für verwerflich. Würden die Anwälte der Abgemahnten nicht so kompetent beraten, dann müssten wohl alle Abgemahnten ihr Schicksal hinnehmen. Erst durch die Abwehr kann Recht gesprochen werden.
Selbstverständlich ist es ärgerlich am Ende auf Kosten sitzen zu bleiben, aber da hat der Gesetzgeber nunmehr geholfen und § 97a Abs. 4 UrhG geschaffen:
“Soweit die Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist, kann der Abgemahnte Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen, es sei denn, es war für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar, dass die Abmahnung unberechtigt war. “