Anlass meines Aufregers dieser Woche ist der bei Spiegel Online erschiene Artikel “Der Anwaltsautomat” von Christian Lauenstein – auch wenn Vor- und Nachteile einer solchen Dienstleistung vom Autor ausgewogen dargestellt sind.
Die Behauptung anwaltliche Dienstleistung als schlichte Rechenaufgabe zu qualifizieren oder Verträge nach dem Baukastensystem anzubieten ist allerdings nicht neu.
Immer, wenn ich meine Vorlesung antrete und die Subsumtionstechnik Wirtschaftsinformatikern oder Informatikern zu erklären versuche und die juristische Herangehensweise zur Lösung eines Falles, werde ich regelmäßig gefragt, ob es dazu nicht möglich wäre, diese Leistung zu automatisieren: ich antworte darauf eindeutig: Nein!
In Einzelfällen mag es richtig sein, dass Verträge nach dem Baukastensystem ausreichend sind, aber auch schon bei der Frage, ob AGB nach dem Baukastensystem ausreichend sind, kann der Nutzer häufig nicht entscheiden. Sehr viele Shopbetreiber lassen sich von günstigen Angeboten leiten und kommen dann in der Regel nach einer Abmahnung wegen sonstiger Texte im Shop, z.B. der Produktbeschreibung, der Preisgestaltung oder der Bestellbestätigung, die nicht zu den gekauften AGB passt, zu uns in die Beratung. Häufig geht es dann doch um die Beratung des Projektes als Ganzes und nicht nur der AGB.
Diese Woche und des öfteren zuvor erhielt ich folgende Anfrage:
“Ich habe zwar abmahngeschützte AGBs gehabt, jedoch von XYZ. Es fehlt dort das Social Media Marketing. Deren Anwalt hat mir nur gesagt, ich soll alles unterschreiben und nie wieder Social Media Marketing verkaufen und sonst bekam ich nicht einmal eine Antwort auf meine Frage, ob man nicht Social Media Marketing in die Rechtstexte integrieren kann. Ich habe dann bei ABC nachgefragt, habe meine Abmahnung hin geschickt und genau beschrieben worum es geht, inkl. diesem Link den ich Ihnen auch eingefügt habe. Man nahm mich als Mitglied auf und ein Anwalt schrieb dann auch an den gegnerischen Anwalt, jedoch sagte man mir NACHDEM ich Mitglied wurde, dass auch der ABC mir keine Rechtstexte erstellt, wo Social Media Marketing drin steht. Nun bin ich dort Mitglied und bei XYZ, habe Kosten ohne Ende aber keine abmahngeschützten Rechtstexte, die mir erlauben Social Media Marketing zu vertreiben. Daher musste ich alle Angebote aus meinem Online Shop entfernen, wie auch aus meinen eBay Shops. Ich möchte jedoch Social Media Marketing anbieten und würde Sie gerne fragen, ob Sie mir abmahnsichere Rechtstexte erstellen könnten.
Dies sind meine Shops :
1. …
2. ..
3. .. (noch im Aufbau)
Die Rechtstexte sind alle von XYZ, decken aber eben kein Social Media Marketing ab. Ich möchte aber alles anbieten. Waren, Foto Content, wie auch Social Media Marketing. Es muss doch möglich sein solche Rechtstexte zu erstellen … Viele meiner Kunden die Social Media Marketing Dienstleistungen in Anspruch nahmen haben auch Foto Content von mir gekauft und umgekehrt.
Ich würde mich freuen wenn Sie mir helfen könnten und verbleibe mit freundlichen Grüßen”
Diese Nachricht zeigt das Dilemma, in dem sich Unternehmer häufig befinden. Es gibt sicherlich schwarze Schafe unter den Kollegen, die schlechte (oder auch gute) Leistung zu überteuerten Preisen anbieten und auch diese Mandantin sagte anfangs zu mir, dass mein Stundensatz ihr zu hoch sei. Nach einer Analyse, was Sie genau benötigt, haben wir ein gutes Angebot machen können. Schließlich musste sie feststellen, dass sie nicht nur die Kosten für die AGB und eine weitere Mitgliedschaft hatte, sondern auch für die Abmahnung, die die Beratungskosten durch uns insgesamt übersteigen.
Ein Kollege sagte mal in einem Vortrag zu seinem Stundensatz einen klugen Satz, den ich so unterschreiben kann:
“er möchte nicht dafür bestraft werden, dass er besonders kompetent und schnell arbeitet”