von Ines Dittmar und Carola Sieling
Bei Veröffentlichung von Aufnahmen, auf denen Personen identifizierbar sind, ist immer zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall nicht eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt. Liegt keine ausdrückliche oder konkludente Einwilligung des Abgebildeten vor (so wird sie von § 22 KUG gefordert) und auch keine Ausnahme des § 23 Abs. 1 KUG, ist die Veröffentlichung in der Regel unzulässig.
Das OLG Frankfurt a.M. hat in zweiter Instanz in seinem Urteil vom 21.04.2016 – Az.: 16 U 251/15 festgestellt, dass durch die Teilnahme an einer Demonstration keine konkludente Einwilligung in eine Foto-Veröffentlichung zu sehen ist (Vorinstanz LG Frankfurt a.M., Urteil vom 05.11.2015 – Az.: 2-03 O 65/15).
Was ist geschehen?
Der Kläger, ein ehemaliges Mitglied der Wikileaks-Bewegung, nahm an einer politischen Demonstration gegen das Töten von Delfinen teil. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden Fotos gefertigt, die die Teilnehmer der Demonstration zeigen.
Der Beklagte nutzte einen Bildausschnitt einer Gesamtaufnahme, der nur den Kläger zeigte und veröffentlichte diesen Ausschnitt in unterschiedlichen Internetforen, wobei die Veröffentlichungen jeweils verschiedene Bildunterschriften trugen.
Der Kläger war der Ansicht, dem Fotoausschnitt komme keinerlei Informationswert zu, es gebe kein öffentliches Interesse an der Nutzung seines Bildes. Zudem habe der Beklagte mit falschen Informationen ein Personenprofil von ihm erstellt, damit Dritte gegen ihn „hetzen“ könnten, was auch geschehen sei. Er selbst habe sich stets bemüht, dass keinerlei Fotos von ihm im Internet gezeigt würden. Das streitgegenständliche Foto sei nach wie vor das einzige verfügbare Foto.
Was sagt das Gericht?
DAs OLG hat dem Kläger Recht gegeben. Der Abgebildete hat danach gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung des Bildnisses gem. §§ 1004, 823 BGB, Art. 1 und 2 GG, §§ 22, 23 KUG.
Da eine ausdrückliche Einwilligung in die Veröffentlichung des Fotos nicht vorlag, überprüfte das Gericht, wie auch die Vorinstanz, das Vorliegen einer konkludenten Einwilligung und legte hierfür die Maßstäbe fest.
Nach Ansicht des OLG zieht allein die Veröffentlichung in einer Bildergalerie auf Facebook oder die Teilnahme an der Demonstration keine Freigabe für den Allgemeingebrauch nach sich.
Erschwerend kam hinzu, dass der Beklagte lediglich einen Bildausschnitt genutzt hat und nicht das Gesamtfoto. Im vorliegenden Fall beurteilte das Gericht die Berichterstattung zusätzlich als rein privaten Beitrag, und nicht als einen im Sinne des Presserechts. Hier gelten tatsächlich Ausnahmen von der Einwilligungspflicht. Nach § 23 Abs. 1 KUG dürfen Bildnisse einer Person ausnahmsweise dann verbreitet werden, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt und durch die Verbreitung die berechtigten Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden. Der Bildausschnitt wurde dabei aus dem Zusammenhang genommen und hatte als solcher keinerlei Informationswert, insbesondere da gerade nicht über die Demo berichtet wurde, auf der das Foto entstand.
Für die rein private Berichterstattung erachtete das Gericht die Veröffentlichung des Bildausschnitts auch nicht als erforderlich. Da der Abgebildete auch sonst keine Fotos von sich selbst veröffentlichte, war der Persönlichkeitsschutz über dem Presserecht anzusiedeln.