Im Juni 2025 hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein wegweisendes Urteil (Az. III ZR 109/24) zum Fernunterrichtschutzgesetz (FernUSG) im Kontext moderner Online-Coaching- und Mentoring-Programme gefällt. Das Urteil betrifft die gesamte Coaching- und E-Learning-Branche und sorgt für grundlegende Änderungen bezüglich der rechtlichen Anforderungen an Online-Bildungsangebote. Im konkreten Fall ging es um ein 9-monatiges Online-Business-Mentoring für fast 48.000€, das unter anderem Live-Calls, Videos, Workshops und Aufgaben umfasste – der Anbieter hatte keine ZFU-Zulassung. Der BGH erklärte den Vertrag für nichtig, da zentrale Kriterien des FernUSG erfüllt waren und die vorgeschriebene Zulassung fehlte. Die Zulassungsstelle (ZFU) hat eine hilfreiche FAQ bereit gestellt.
Was hat der BGH damit grundlegend festgestellt?
- Zulassungspflicht für Online-Angebote:
Anbieter digitaler Lernprogramme (z.B. Coachings, Online-Mentorings), die als Fernunterricht einzustufen sind, benötigen eine staatliche Zulassung von der Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU). Fehlt diese, ist der Vertrag nichtig – Teilnehmer können ihr Geld zurückfordern. - Weite Auslegung von Fernunterricht:
Der BGH legt den Begriff Fernunterricht weit aus: Jede entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten (ob Marketing, Vertrieb, Unternehmensorganisation etc.) zählt dazu – im Übrigen unabhängig davon, ob der Kurs für Privatpersonen oder Unternehmen angeboten wird. Auch Firmenkunden können sich also auf das Gesetz berufen und Verträge anfechten, falls die ZFU-Zulassung fehlt. - Lernerfolgskontrolle:
Bereits das Angebot, Fragen stellen zu können oder individuelles Feedback zu erhalten (z.B. im Online-Meeting oder per E-Mail), gilt als hinreichende Lernerfolgskontrolle. Es reicht schon eine einzelne Möglichkeit zur Überprüfung des Lernfortschritts.
Was sind die Auswirkungen auf die Praxis?
- Anbieter von Online-Unterricht müssen prüfen, ob ihr Angebot eine ZFU-Zulassung benötigt.
- Nichtkonforme Verträge sind nichtig. Das bedeutet, dass bereits gezahlte Beträge von Teilnehmenden (Privatpersonen und Unternehmern) zurückgefordert werden können. Es drohen Rückforderungen für Anbietende gelichzeitig können Teilnehmende prüfen, ob eine Erstattung in Frage kommt.
- Vertragsgestaltung und Compliance. Die Anbieterbranche muss ihre Vertragsmuster und Geschäftsmodelle dringend anpassen, um Rechtsnachteile und Rückforderungen zu vermeiden.
Fazit:
Das BGH-Urteil verschärft die Anforderungen für alle digitalen Coaching-, Mentoring- und E-Learning-Angebote. Ohne Zulassung drohen Nichtigkeit der Verträge und hohe Rückerstattungsforderungen – auch im Geschäftsbereich.
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